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So langsam aber sicher zerbröselt der (gute?) alte Cookie. Kein Grund wirklich traurig zu werden, zumindest wenn man sein SEO auf Vordermann gebracht hat. Warum das so ist, schauen wir uns genau an. Denn das endgültige Aus für Drittanbieter-Cookies (3rd-Party-Cookies) könnte mehr Möglichkeiten für die Suchmaschinenoptimierung mit sich bringen.

Google schafft Drittanbieter-Cookies ab, was eine Flut von Problemen für Publisher und Affiliates verursacht. SEO könnte ein geeignetes Mittel sein, um mehr 1st-Party-Daten zu beschaffen und zumindest die Auswirkungen etwas zu mildern.

3rd-Party-Cookies-Aus-SEO-1st-Party-Data

Unterscheidung von Daten im Marketing

Im Marketing wird prinzipiell zwischen drei Arten der Datensammlung und -analyse unterschieden: 1st-, 2nd- und 3rd-Party-Daten. Es ist wichtig zu verstehen, wie die Modelle sich voneinander unterscheiden und warum die Unterscheidung für Unternehmen wichtig ist.

Die drei Datenkategorien im Marketing

Schauen wir uns kurz an was die drei Modelle bedeuten und wie sie sich voneinander unterscheiden, denn jede Art von Daten hat ihre eigenen Vor- und Nachteile in Bezug auf Genauigkeit, Relevanz, Datenschutz und Anwendungsbereich.

  • 1st-Party-Daten (Erstpartei-Daten): Hierbei handelt es sich um Daten, die ein Unternehmen direkt von seinen Kunden oder Nutzern sammelt. Dazu gehören Informationen, die durch Interaktionen auf der eigenen Website, in der eigenen App oder durch direkte Kundenbeziehungen (z.B. Einkaufsdaten, Kundenbefragungen) erfasst werden. 1st-Party-Daten sind in der Regel am zuverlässigsten und relevantesten für das Unternehmen, da sie aus erster Hand stammen und spezifisch für dessen Zielgruppe sind.
  • 2nd-Party-Daten (Zweitpartei-Daten): Diese Daten stammen nicht direkt vom Unternehmen selbst, sondern werden von einem Partnerunternehmen erworben oder geteilt. Es handelt sich um 1st-Party-Daten eines anderen Unternehmens, die mit Zustimmung dieses Unternehmens weitergegeben werden. Diese Daten können nützlich sein, um die eigenen Daten zu ergänzen und ein breiteres Verständnis der Kunden zu erhalten.
  • 3rd-Party-Daten (Drittpartei-Daten): Dies sind Daten, die von Drittunternehmen (Drittunternehmen) gesammelt werden, die keine direkte Beziehung zu den Nutzern haben, deren Daten sie sammeln. Diese Unternehmen sammeln Daten von verschiedenen Quellen und verkaufen den Zugang zu diesen aggregierten Daten. 3rd-Party-Daten sind oft weniger spezifisch und weniger genau, da sie aus vielen verschiedenen Quellen stammen und nicht immer aktuell sind. Sie werden häufig für breiter angelegte Marketingkampagnen verwendet.

Warum die Unterscheidung zwischen 1st-, 2nd- und 3rd-Party-Daten wichtig ist

Die Unterscheidung zwischen 1st-, 2nd- und 3rd-Party-Daten ist insbesondere im Kontext von Marketing, Datenschutz und Datenanalyse wichtig. Indem Unternehmen die Unterschiede zwischen diesen Datenarten verstehen und entsprechend handeln, können sie effektiver und verantwortungsvoll mit Kundeninformationen umgehen, ihre Marketingstrategien optimieren und rechtliche Risiken minimieren:

  1. Datenschutz und Compliance: Verschiedene Arten von Daten unterliegen unterschiedlichen Datenschutzbestimmungen. 1st-Party-Daten, die direkt vom Unternehmen gesammelt werden, bieten in der Regel mehr Kontrolle und Sicherheit in Bezug auf Datenschutzgesetze wie die DSGVO. Bei der Nutzung von 2nd- und insbesondere 3rd-Party-Daten müssen Unternehmen sorgfältig prüfen, ob diese Daten rechtskonform erhoben und genutzt werden.
  2. Relevanz und Qualität der Daten: 1st-Party-Daten gelten in der Regel als genauer und relevanter für das spezifische Geschäft oder den spezifischen Kontext eines Unternehmens, da sie direkt aus der Interaktion mit Kunden oder Nutzern stammen. 3rd-Party-Daten können hingegen weniger spezifisch und manchmal weniger zuverlässig sein. Die Unterscheidung hilft Unternehmen dabei, die Qualität und Relevanz der Daten für ihre spezifischen Bedürfnisse zu bewerten.
  3. Zielgruppenansprache und Personalisierung: 1st-Party-Daten ermöglichen eine genauere und persönlichere Ansprache der eigenen Kunden, da sie auf tatsächlichen Interaktionen und Verhaltensweisen basieren. Mit 3rd-Party-Daten ist die Zielgruppenansprache oft breiter und weniger personalisiert, da sie nicht spezifisch für das eigene Unternehmen gesammelt wurden.
  4. Kosten und Effizienz: Die Beschaffung von 2nd- und 3rd-Party-Daten kann kostenintensiv sein, während 1st-Party-Daten oft kostengünstiger zu sammeln sind. Unternehmen müssen die Kosten-Nutzen-Relation der verschiedenen Datenarten abwägen.
  5. Strategische Entscheidungsfindung: Für die strategische Planung und Entscheidungsfindung ist es wichtig, die Herkunft und Qualität der Daten zu kennen. 1st-Party-Daten können zuverlässigere Einblicke in das Kundenverhalten bieten, während 3rd-Party-Daten breitere Markttrends aufzeigen können.
  6. Zukunftssicherheit: Mit zunehmender Regulierung des Datenschutzes und der Veränderungen in der digitalen Werbelandschaft (wie dem Rückgang von Cookies) werden 1st-Party-Daten immer wichtiger für langfristige Geschäftsstrategien.

Am 4. Januar 2024 begann Google, Drittanbieter-Cookies für 1% der Chrome-Nutzer (~30 Millionen Menschen) zu blockieren. Der Plan ist, bis Ende 2024 auf 99% hochzufahren.

Die neue Funktion, Tracking-Schutz genannt, ist Teil der Privacy Sandbox-Initiative, die darauf abzielt, die Privatsphäre der Nutzer im Web zu stärken. Für Werbetreibende bietet Google die Topics API an, die auf interessenbasiertem Targeting (IBA) basiert. IBA sammelt Interessen basierend auf besuchten Websites und anonymisiert Nutzer durch einen komplizierten Filterkreislauf.

So funktionierts
Google gruppiert Nutzerinteressen in eine lange Liste von Themen und sammelt die Top-5-Interessen über die letzten 3 Wochen. Dann stellt es das beliebteste im Verlauf einer Woche über die API zur Verfügung, sodass Werbetreibende dagegen Werbung schalten können. Im Vergleich zu Drittanbieter-Cookies, die genau verfolgen, welche Websites Nutzer über einen längeren Zeitraum besucht haben, sind Topics weitaus weniger detailliert.

IBA-Dämmerung

Die 600-Milliarden-Dollar-Werbungsindustrie hatte 5 Jahre Zeit, sich auf das Aus der Cookies vorzubereiten:

  • 2017: Apple begann an ITP (Intelligent Tracking Prevention) zu arbeiten
  • 2018: GDPR tritt in Kraft
  • 2019: Mozilla blockiert Drittanbieter-Cookies
  • 2020: Safari blockiert Drittanbieter-Cookies
  • 2020: CCPA tritt in Kraft
  • 2022: Nur 29% des offenen Webverkehrs waren für Drittanbieter-Cookies zugänglich.

Aber nur 27 % gaben an, dass sie an einer Umgehung für die Abschaffung von Cookies von Drittanbietern arbeiten. Ob jeder vierte Werbetreibende Schwierigkeiten hat, sich aufgrund der Komplexität oder fehlender Optionen an die neue Welt anzupassen, ist schwer zu sagen. Es ist jedoch einfach zu sagen, dass die Änderung Schaden und Zerstörung verursachen wird.

CPM-Kostenexplosion

CPMs (Cost per Mille, Tausenderkontaktpreis TKP) sind aufgrund der Blockierung von Drittanbieter-Cookies 2-3x teurer:

  • Mehrere Publisher-Führungskräfte beklagten, dass die Anzeigenpreise für Impressionen auf Browsern ohne Cookies wie Safari nur halb so hoch sind wie die Preise für Impressionen mit Cookies von Drittanbietern.
  • Ein kleiner Prozentsatz der Nutzer verwenden auf dem iPad immer noch die ältere Version von Safari, die das Tracking von Drittanbieter-Cookies erlaubt. Diese Version von Safari hatte einen CPM, der 3x höher war als der CPM für Nutzer mit Safari 13, der keine Drittanbieter-Cookies auf demselben Gerät zulässt. Ähnlich verhielt es sich bei iPhone Safari-Nutzern, bei denen die Browser vor der Blockierung von Drittanbieter-Cookies einen CPM erzeugten, der 2,5x höher war als der CPM von Safari 13.

Criteo kam zu einem noch düstereren Ergebnis: Das Unternehmen führte einen Test mit 1 Million Nutzern durch und stellte fest, dass IBA 5x schlechter ist als Drittanbieter-Cookies. Das ist schone eine Hausnummer.

  • McKinsey schätzte, dass Publisher 10 Milliarden Dollar an Werbeeinnahmen verlieren werden.
  • NAB fand heraus, dass die Rundfunkradio- und Fernsehindustrie jährlich 2,1 Milliarden Dollar an digitalen Werbeeinnahmen verlieren würde, was 6,3% der gesamten Werbeeinnahmen der Branche entspricht, wenn Drittanbieter-Cookies heute ohne datenschutzfreundliche Alternativen abgeschafft würden.

Neue Probleme mit IBA

IBA bringt eine frische Liste von Problemen mit sich:

  • Die Wirksamkeit von IBA hängt von der Taxonomie ab. Wenn Google beispielsweise “Schuhe” nicht als Thema hinzufügt, können Werbetreibende keine Nutzer verfolgen, die Schuhe kaufen möchten. Im November 2022 erreichte die Liste 349 Themen. Im Juni 2023 erweiterte sie sich auf 629.
  • Die meisten Nutzer interessieren sich für Unterhaltung, Nachrichten und Einkaufen, was dazu führt, dass allgemeine Interessen spezifische überwiegen. Infolgedessen haben Werbetreibende mehr Schwierigkeiten, Werbung außerhalb von breiten Themen zu schalten.
  • Topics berücksichtigt nur den Hostnamen (einschließlich Domain und Subdomain) der Website für seine Klassifizierung, nicht Unterordner oder URLs. Das Ergebnis: Interessen sind sehr grob.

Das Fazit hieraus ist ernüchternd:

Wir sammeln mehr Daten als je zuvor, während unser Verständnis von Nutzern noch nie schlechter war.

Datenschutz als Schutzwall

Google und Apple haben deutlich unterschiedliche Betriebssysteme. Aber eine Sache hat Mountain View von Cupertino gelernt: Wie man Datenschutz nutzt, um Gräben zu vertiefen.

Apples ATT (App Tracking Transparency) wurde im April 2021 eingeführt und riss ein 10-Milliarden-Dollar-Loch in Metas Einnahmen. Ein bedeutender Anteil von App-Installationsanzeigen wanderte von Meta zu Apple.

Im April 2021 begann Apple, Nutzer zu fragen, ob sie getrackt werden möchten. Natürlich lehnte die Mehrheit der Nutzer ab. Spulen wir vor bis Dezember 2022 und siehe da,  Meta, Youtube, Snapchat und TikTok mussten Milliardenverluste hinnehmen.

Experten schätzen, dass Meta 2022 durch ATT mindestens 10 Milliarden Dollar verloren hat, während Apples Werbeeinnahmen gestiegen sind. Datenschutz und Datenhoheit sind sehr wichtig, aber Apple hat das Tracking nicht per se abgeschafft. Apple definiert „3rd party tracking“ als „jede App, die das Verhalten der Nutzer verfolgt, die nicht Apple ist“.

Der Schutz vor Tracking lässt Google gut aussehen und stärkt sein Geschäft. Mehr Privatsphäre für Nutzer ist ein positives Argument in den vielen Klagen und Prozessen gegen Google, in denen behauptet wird, dass das Unternehmen mehr getrackt hat, als es sollte.

Gleichzeitig erhöht eine stärkere Abhängigkeit von 1st-Party-Daten die Mauern (walled garden) von Googles geschlossenem System:

  • Chrome ist der größte Browser im Web und bekommt 65% des Webverkehrs – 3x so viel wie Safari.
  • Alphabet besitzt riesige Plattformen wie Android, Gmail, Youtube, Maps und mehr – all das liefert 1st-Party-Daten.
  • Google besitzt auch Ad X, einen der größten Werbemärkte.

Somit sorgen die beiden größten Akteure Google und Apple dafür, dass auf dem Markt für Smart-Device-Betriebssysteme, das Tracking von Drittanbietern durch hauseigene Lösungen ersetzt wird. Nutzer werden nach ihrem Verhalten gruppiert und Werbetreibenden Unternehmen Daten zur Verfügung gestellt. Anstelle von Websites, die Nutzer mit Cookies verfolgen, zeichnen Google und Apple das Nutzerverhalten mit Hilfe von maschinellem Lernen (ML, Machine Learning) auf und fassen es zusammen. Dieser Wandel passt in den datenschutzbewussten Zeitgeist, ist aber auch ein Indikator für die Technologie, die reif für ein breites Tracking und Clustering zu sein scheint.

Als Konsequenz gewinnen große Werbeplattformen mehr Kontrolle und Macht, Werbetreibende werden abhängiger von Google und Apple. Ironischerweise sehen wir denselben Trend bei Google Ads, wo Google im Februar 2021 die Zielgruppenausrichtung einschränkte, indem es breite Übereinstimmungsmodifikatoren in die Phrasenübereinstimmung integrierte.

SEO als Rettungsanker für 1st-Party-Daten

Wenn Verhalten schwerer zu verstehen wird, wird Absicht interessanter.

Als kritische Reaktion auf das Ende der 3rd-Party-Cookies liegt der Fokus stärker auf 1st-Party-Daten. Jedes Unternehmen, insbesondere Publisher, müssen in 1st-Party-Daten investieren, um das Nutzerverhalten zu verstehen und relevante Werbung zu schalten. Einfach gesagt, Werbetreibende verlassen sich mehr auf Daten ihrer eigenen Website oder App. Wenn du bereits ein von Nutzern direkt angesteuertes Ziel bist, hast du bereits einen entscheidenden Vorteil.

SEO ist ein starker und kosteneffizienter Kanal, um mehr 1st-Party-Daten zu erhalten. Das Aussterben von 3rd-Party-Cookies könnte eine Gelegenheit sein, SEO mehr Wert zu verleihen, als nur ein Performance- und Markenkanal zu sein.

  1. Um das Beste daraus zu machen, müssen Unternehmen mehr Nutzer dazu bringen, Accounts anzulegen, damit sie Interessen und Vorlieben ermitteln und Look-alike Audiences aus 1st-Party-Daten nutzen, um mehr relevante Nutzer an Bord zu holen und bessere Angebote zur richtigen Zeit zu machen. Zum Beispiel können Publisher angemeldeten Nutzern bessere Affiliate-Inhalte anbieten.
  2. Zweitens könnten Budgets aufgrund niedrigerer ROAS (Return on Advertising Spend) und steigender CAC (Customer Acquisition Cos) von Werbung zu SEO verschoben werden. Suche basiert auf Absicht statt auf Verhalten. Wenn Verhalten schwerer zu verstehen wird, wird Absicht interessanter. SEO profitiert wahrscheinlich von einer unschärferen Marketing-Attribution, da Keywords bei der Suche von Natur aus eine Absicht vermitteln und bezahlte Kanäle entweder zu teuer werden oder an Attraktivität verlieren. Es ist nicht nötig, die Absicht der Nutzer zu tracken, wenn diese durch eine Suche (oder sogar eine Reihe von Suchen) offengelegt wird.
  3. Drittens ist Werbung einer der Hauptwege, eine Marke aufzubauen, was für SEO wichtig ist. Wenn Banner– und Display-Werbung teurer werden, stellt sich die Frage, ob es in Zukunft schwerer sein wird, eine Marke aufzubauen.

Einerseits sind die größten Webplattformen, Amazon, Alphabet und Meta, End-to-End Ökosysteme. Im Klartext, man kann Daten sammeln und dagegen auf derselben Plattform werben. Da es sich um 1st-Party handelt, gilt Browser-Blocking nicht. Andererseits bedeutet eine höhere Abhängigkeit von End-to-End Plattformen mehr Wettbewerb und weniger Preistransparenz.

 

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